Info zur Produktgruppe
Definition
ALLGEMEINE BESCHREIBUNG DER PRODUKTE
Kranken- oder Behindertenfahrzeuge ermöglichen Versicherten, die aufgrund einer Krankheit oder Behinderung gehunfähig oder gehbehindert sind, sich im allgemeinen Lebensbereich allein oder mit fremder Hilfe fortzubewegen.
Unter dem Begriff der Kranken-/Behindertenfahrzeuge werden im Wesentlichen folgende Produkte in unterschiedlichen Ausführungen im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt:
- Duschrollstühle
- Toilettenrollstühle
- Schieberollstühle
- Rollstühle mit manuellen Antrieben (Hebel-, Greifreifenantrieben)
- Elektrorollstühle/Elektromobile
- Rollstühle mit besonderen Vorrichtungen (Steh-, Hubvorrichtungen)
- Rollstuhlantriebe (mechanisch/elektrisch)
- Treppenfahrzeuge
- Reha-Wagen/Buggys
- Behinderungsgerechte Sitzelemente
- Zubehör
Es sind vielfältige Produkte unterschiedlicher Bauart und Ausstattung erhältlich, die eine individuelle Anpassung an die körperlichen Beeinträchtigungen und die jeweiligen individuellen Fähigkeiten ermöglichen. Die diversen Arten der Kranken-/Behindertenfahrzeuge innerhalb dieser Produktgruppe werden nach dem Anwendungsbereich/-ort, der Zweckbestimmung und der Antriebsart eingeteilt.
HINWEISE ZUR ZWECKBESTIMMUNG/INDIKATION
Ziel der Versorgung mit Kranken- oder Behindertenfahrzeugen bei Versicherten mit Beeinträchtigungen der Mobilität (stark eingeschränkte Gehfähigkeit bis Gehunfähigkeit) ist es grundsätzlich, eine weitgehend eigenständige Mobilität zu erreichen. Das Ausmaß der zugrunde liegenden Schädigung des Funktionsdefizits und die noch vorhandenen und nutzbaren Funktionen bestimmen wesentlich Art und Umfang der Hilfsmittelausstattung sowie der Anpassung und Ausbildung im Gebrauch des Hilfsmittels. Dadurch soll insbesondere ein sicherer und zweckentsprechender Umgang mit dem Hilfsmittel erlernt und gewährleistet werden.
Bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit einem manuellen oder fremdkraftbetriebenen Rollstuhl kann eine spezielle Ausbildung im Gebrauch des Kranken-/Behindertenfahrzeugs erforderlich werden, um den besonderen Belangen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Rechnung zu tragen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass ein Hilfsmitteltraining bereits Bestandteil einer Maßnahme der Rehabilitation oder auch einer Heilmittelbehandlung sein und bei Kindern und Jugendlichen auch zu einer Behandlung in sozialpädiatrischen Zentren gehören kann.
Bei der Versorgung mit Kranken- und Behindertenfahrzeugen ist zu prüfen, welche Versorgungsform für die individuellen Bedarfe und Fähigkeiten der Versicherten oder des Versicherten geeignet und zweckmäßig ist. Maßgeblich für die Auswahl des Produktes sind die individuellen Auswirkungen einer Krankheit oder einer Behinderung auf die Mobilität, die Sitzhaltung und Sitzstabilität sowie die motorischen und kognitiven Fähigkeiten der Versicherten oder des Versicherten.
Die selbstständige Nutzung von Kranken- und Behindertenfahrzeugen erfordert ausreichende kognitive Fähigkeiten hinsichtlich der Wahrnehmung (Sehen und Hören), der Orientierung, der Aufmerksamkeit und der Koordination der Bewegungen der oberen Extremitäten.
Bei nicht motorisch betriebenen Kranken- und Behindertenfahrzeugen setzt die selbstständige Anwendung eine ausreichend erhaltene Kraft- und Greiffunktion der Arme und Hände voraus. Bei eingeschränkter Armkraft und eingeschränktem Greifvermögen kann die Versorgung mit in geeigneter Weise angepassten Greifreifen oder mit restkraftunterstützenden Systemen in Betracht kommen.
Die Versorgung mit einem fremdkraftbetriebenen Kranken- und Behindertenfahrzeug setzt voraus, dass die Versicherte oder der Versicherte auch in absehbarer Zeit in der Lage ist, einen an ihre oder seine Beeinträchtigung angepassten Rollstuhl sicher zu führen, d. h. es muss eine Fahreignung vorliegen. Für einsitzige motorisierte Krankenfahrstühle mit einer Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 15 km/h ist gemäß § 4 FeV keine Fahrerlaubnis erforderlich. Anhalt zur Bewertung der Fahreignung gibt die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr, Fahrerlaubnis-Verordnung–FeV, Anlage 4.
Versicherte, die weder ein mit Eigenkraft betriebenes noch ein motorisiertes Kranken-/Behindertenfahrzeug nutzen können, können mit Schieberollstühlen oder anderen manuell bedienbaren Rollstühlen, die im Schiebemodus durch eine Pflegeperson beziehungsweise Pflegekraft angetrieben werden, versorgt werden.
Hinsichtlich der Indikationen wird auf die Angaben in den Produktarten verwiesen.
ALLGEMEINE LEISTUNGSRECHTLICHE HINWEISE
Kranken-/Behindertenfahrzeuge werden zur Erhaltung der Mobilität von den gesetzlichen Krankenkassen gewährt, wenn keine ausreichende Gehfähigkeit der Versicherten oder des Versicherten besteht, die zugrunde liegende Behinderung oder Krankheit mit anderen Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation nicht ausgeglichen werden kann und wenn Gehhilfen (z. B. Gehstöcke, Unterarmgehstützen oder Rollatoren) für den Ausgleich der Behinderung nicht ausreichen.
Kranken- oder Behindertenfahrzeuge bewirken keinen unmittelbaren, sondern einen mittelbaren Behinderungsausgleich. Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich sind eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn sie die Auswirkungen der Behinderung nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich, sondern im gesamten täglichen Leben beseitigen oder mildern und damit Grundbedürfnisse des täglichen Lebens betreffen.
Eine Leistungspflicht für Kranken- und Behindertenfahrzeuge kann vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dann bestehen, wenn die Versicherte oder der Versicherte nicht auf andere Weise in die Lage versetzt werden kann, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um z. B. die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind.
Nach der Rechtsprechung muss der Nahbereich in zumutbarer Weise erschlossen werden können. So ist etwa die Erschließung des Nahbereichs ohne das begehrte Hilfsmittel unzumutbar, wenn Wegstrecken im Nahbereich nur unter Schmerzen oder nur unter Inanspruchnahme fremder Hilfe bewältigt werden können (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr. 27 RdNr. 24 - Elektrorollstuhl) oder wenn die hierfür benötigte Zeitspanne erheblich über derjenigen liegt, die ein nicht behinderter Mensch für die Bewältigung entsprechender Strecken zu Fuß benötigt.
Sofern Kranken- oder Behindertenfahrzeuge ausschließlich dazu eingesetzt werden, größere Entfernungen zu überwinden, fallen sie nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sieht die Bewegungsfreiheit lediglich in Bezug auf diejenigen Entfernungen als Grundbedürfnis an, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt. Freizeitbeschäftigungen werden nach der Rechtsprechung vom Begriff des allgemeinen Grundbedürfnisses nicht erfasst. Bei Kindern und Jugendlichen gehört auch das Laufen und Rennen zu den Vitalfunktionen und Grundbedürfnissen.
Für Hilfsmittel, die der Versicherten oder dem Versicherten eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität ermöglichen, sind die gesetzlichen Krankenkassen im Einzelfall dann leistungspflichtig, wenn die darüber hinausgehende Mobilität zur Wahrnehmung eines anderen Grundbedürfnisses notwendig ist.
BESONDERHEITEN DES LEISTUNGSRECHTS FÜR KINDER UND JUGENDLICHE
Unter Berücksichtigung der Entwicklungsphase von Kindern und Jugendlichen hat das Bundessozialgericht stets nicht nur die Teilnahme am allgemeinen Schulunterricht als Grundbedürfnis angesehen, sondern auch die Teilnahme an der sonstigen üblichen Lebensgestaltung Gleichaltriger als Bestandteil des sozialen Lernprozesses. Der durch die Hilfsmittelversorgung anzustrebende Behinderungsausgleich ist auf eine möglichst weitgehende Eingliederung des behinderten Kindes beziehungsweise Jugendlichen in den Kreis Gleichaltriger ausgerichtet.
Für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Kranken-/Behindertenfahrzeugen kommen überwiegend Adaptiv- und Elektrorollstühle zum Einsatz, die speziell für diese Altersgruppe entwickelt und hergestellt werden.
Die Versorgung von Kindern mit einem Elektrorollstuhl setzt voraus, dass eine Benutzung handgetriebener Rollstühle aufgrund der Behinderung nicht möglich ist und ein elektromotorischer Antrieb sachgerecht bedient werden kann. Als Alternative zur Versorgung mit einem Elektrorollstuhl können unter Umständen auch elektromotorische Antriebe in Kombination mit einem manuellen Rollstuhl in Betracht kommen.
Reha-Wagen und Buggys können in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung fallen, wenn sie zum Transport von Kindern mit Behinderungen benötigt werden. Für Kinder bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres gehören Buggys/Kinderwagen zu den üblichen Beförderungs- und Transportmitteln und damit zu den Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens. Deshalb kommt bei der Versorgung von Kindern mit Reha-Wagen/Buggys bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ein angemessener Eigenanteil bei der Anschaffung derartiger Produkte in Betracht.
MEHRFACH-/ZWEITAUSSTATTUNGEN
Eine Zweitausstattung mit einem weiteren funktionsgleichen und dem Versorgungsziel entsprechenden Kranken-/Behindertenfahrzeug ist grundsätzlich nicht erforderlich. Eine andere Betrachtungsweise ergibt sich bei Kindern und Jugendlichen. Neben dem für den ständigen Gebrauch zu Hause zu gewährenden Kranken- oder Behindertenfahrzeug kann im Bedarfsfall ein weiteres funktionsgleiches Hilfsmittel für den außerhäuslichen Gebrauch, z. B. für Schule oder Kindergarten, zur Verfügung gestellt werden, um die Fortbewegung in diesem Bereich sicherzustellen.
Eine Mehrfachausstattung mit unterschiedlichen Kranken-/Behindertenfahrzeugen, insbesondere für differierende Versorgungsziele, ist im Einzelfall möglich (z. B. Faltrollstuhl für die Sicherstellung der Mobilität im Innenbereich und Duschrollstuhl für die Sicherstellung der Körperhygiene der Versicherten oder des Versicherten).
WIRTSCHAFTLICHKEIT DER VERSORGUNG
Bei der Auswahl des Hilfsmittels sind nach der einschlägigen Rechtsprechung vor allem die persönlichen Verhältnisse der Versicherten oder des Versicherten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Dabei soll den Wünschen des Anspruchsberechtigten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Stehen für einen Behinderungsausgleich mehrere Hilfsmittel zur Verfügung, ist das wirtschaftlichste Produkt zu gewähren, sofern die zur Auswahl stehenden Produkte gleichermaßen geeignet sind und dem individuellen Versorgungsziel nach der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) entsprechen. Eine Versorgung aus dem Wiedereinsatz (Eigentum der gesetzlichen Krankenkassen) kann wirtschaftlicher sein als eine Neuversorgung. Soweit sie auch den Grundsatz der Zweckmäßigkeit erfüllt, ist diese dann zu bevorzugen.
Kranken-/Behindertenfahrzeuge sind in der Regel für einen leihweisen Einsatz geeignet. Entsprechende Hinweise sind in der jeweiligen Produktartbeschreibung aufgeführt. Im Falle eines Wiedereinsatzes ist gegebenenfalls eine Anpassung z. B. hinsichtlich der Sitzbreite, der Sitztiefe und der Rückenhöhe oder eine Zurüstung von Zubehör vorzunehmen, damit das wieder eingesetzte Kranken- beziehungsweise Behindertenfahrzeug den individuellen Anforderungen der Versicherten oder des Versicherten entspricht.
ABGRENZUNG ZU GEBRAUCHSGEGENSTÄNDEN DES TÄGLICHEN LEBENS
Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind von einer Versorgung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen und fallen in den Eigenverantwortungsbereich der Versicherten oder des Versicherten. Sie sind von ihrer Konzeption her nicht vorwiegend für kranke, behinderte und/oder pflegebedürftige Menschen bestimmt. Ausschlaggebend ist die Primärfunktion (Zweckbestimmung) als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens.
Vor diesem Hintergrund fallen
- Regencapes
- Beinschutzdecken
- Einkaufsnetze
- Taschen
- Taschenhalter
- Schirmhalter
- Sonnen- und Wetterschutzdächer (ausgenommen bei Reha-Wagen/Buggys)
- Kilometerzähler sowie
- Stromversorgungseinrichtungen für Radios etc.
nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung, auch wenn diese im Zusammenhang mit der Rollstuhlnutzung eingesetzt werden.
Bei Hilfsmitteln, die einen Gebrauchsgegenstand enthalten oder ersetzen, beschränkt sich die Leistungspflicht auf das eigentliche Hilfsmittel beziehungsweise den behinderungsbedingten Mehraufwand.
Bei Produkten mit Gebrauchsgegenstandscharakter kann nach Ermessen der Krankenkasse ein Zuschuss für den Hilfsmittelanteil gezahlt oder ein Eigenanteil für den Gebrauchsgegenstandsanteil bei der Versicherten oder dem Versicherten beziehungsweise im Falle eines Wiedereinsatzverfahrens eine Nutzungsentgelt erhoben werden. Eine fehlende reale Trennbarkeit des Produktes in Hilfsmittel und Gebrauchsgegenstand ist kein Hindernis, Hilfsmittel und Gebrauchsgegenstand wirtschaftlich zu unterscheiden.
VERSORGUNGSARTEN
- Vorspann-/Einhängefahrräder:
Vorspann-/Einhängefahrräder mit Handkurbelantrieb werden mit einem Rollstuhl verbunden und ermöglichen eine schnelle Fortbewegung ohne Fremdhilfe. Dagegen wird bei Rollstuhl-Fahrradkombinationen an die Rückseite des Rollstuhles ein Fahrrad angekoppelt, welches durch eine Begleitperson betätigt werden muss.
Beide Antriebsarten ermöglichen eine schnellere Überwindung größerer Wegstrecken. Die Nutzerin oder der Nutzer wird in die Lage versetzt, einer dem Fahrradfahren oder Joggen/Laufen/Rennen vergleichbaren Freizeitbeschäftigung nachzugehen beziehungsweise Entfernungen zurückzulegen, die über die Bereiche des Grundbedürfnisses „Gehen“ hinausgehen.
Die Möglichkeit, sich als Rollstuhlfahrer mit Hilfe von Vorspann-/Einhängefahrrädern mit Handkurbelantrieb oder mit Rollstuhl-Fahrradkombinationen wie ein Radfahrer zu bewegen und z. B. Ausflüge in die Umgebung zu unternehmen, zählt bei Erwachsenen grundsätzlich nicht zu den Grundbedürfnissen. Bei Erwachsenen sind Vorspann-/Einhängefahrräder mit Handkurbelantrieb und Rollstuhl-Fahrradkombinationen daher in der Regel keine Leistung gesetzlichen Krankenver-sicherung.
In Einzelfällen kann aber die Versorgung eines erwachsenen Rollstuhlfahrers mit einem Vorspann-/Einhängefahrrad mit Handkurbelantrieb in die Leistungszuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung fallen, wenn es dazu benötigt und verwendet wird, den Nahbereich der Wohnung zu erschließen. Es ermöglicht der Versicherten oder dem Versicherten insoweit eine Alternative zu einem restkraftunterstützenden Greifreifenantrieb oder Elektroantrieb.
Bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sind Vorspann-/Einhängefahrräder mit Handkurbelantrieb als Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V anzusehen, da das Laufen beziehungsweise das Rennen bei ihnen zu den Vitalfunktionen gehört und durch die Nutzung dieser Kranken- beziehungsweise Behindertenfahrzeuge die Einbeziehung des Kindes oder Jugendlichen in den Kreis der Gleichaltrigen und ihre soziale Integration gefördert wird. Insofern wird bei Kindern und Jugendlichen ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens tangiert.
Rollstuhl-Fahrrad-Kombinationen fallen dagegen auch bei Kindern und Jugendlichen grundsätzlich nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Kinder und Jugendliche mit Behinderungen sind zur Nutzung dieser Produkte ständig auf eine (erwachsene) Begleitperson angewiesen, sodass derartige Fahrzeuge zur Teilnahme an Aktivitäten anderer Kinder und Jugendlicher und damit zur Integration in die Gruppe Gleichaltriger – in der Regel - nicht geeignet sind.
Für Vorspann-/Einhängefahrräder mit Handkurbelantrieb ist ein Eigenanteil in Höhe der Kosten eines handelsüblichen Fahrrades beziehungsweise ein Nutzungsentgelt gerechtfertigt. Der GKV-Spitzenverband gibt Empfehlungen zur Höhe des Eigenanteils ab.
- Reha-Wagen/Buggys für Kinder mit Behinderungen
Rehabuggys entsprechen den handelsüblichen Kinderbuggys, sind jedoch in ihrer Konstruktion so ausgelegt, dass sie auf individuelle Bedürfnisse der Nutzer angepasst werden können und auch ältere Kinder und Jugendliche in ihnen befördert werden können. Reha-Wagen bestehen aus einem kinderwagenähnlichen Untergestell und einer sitzschalenartigen Sitzeinheit. Da diese Produkte bei Kindern bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres handelsübliche Buggys ersetzen, ist ein Eigenanteil bei Kleinkindern in dieser Altersklasse zu erheben. Der GKV-Spitzenverband gibt Empfehlungen zur Höhe des Eigenanteils ab.
- Restkraftunterstützende Rollstuhlantriebe
Mithilfe motorisch restkraftunterstützender Greifreifenantriebe können Versicherte mit einer Gehbehinderung und eingeschränktem Greifvermögen oder mit reduzierter, nicht ausreichender Arm-/Oberkörperkraft einen herkömmlichen Greifreifenrollstuhl bedienen. Der Antrieb wirkt restkraftunterstützend, d. h. der Versicherte muss über eine Restkraft verfügen und die Greifreifen antreiben können. Dieser Antriebsimpuls wird durch einen in der Radnabe befindlichen Elektromotor verstärkt. Bei der Prüfung der Leistungspflicht ist zu klären, ob eine elektromotorische Restkraftunterstützung zur Ermöglichung der Fortbewegung im Rahmen der durch die Krankenkasse sicherzustellenden Grundbedürfnisse notwendig ist. Die Versorgung kommt infrage, wenn die Armkraft eingeschränkt, die Armkoordination aber noch vorhanden ist.
Sofern restkraftunterstützende Antriebe allein eingesetzt werden, um größere Entfernungen zu überwinden, fällt dies nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung.
- Treppensteighilfen
Treppensteighilfen können je nach den Umständen des Einzelfalls eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung oder der sozialen Pflegeversicherung (Doppelfunktionale Hilfsmittel) sein.
Bei der Versorgung mit einer Treppensteighilfe ist das Grundbedürfnis auf Erschließung eines körperlichen Freiraums in Form der Bewegungsmöglichkeit in der eigenen Wohnung und im umliegenden Nahbereich betroffen. Diese Bewegungsmöglichkeit wird zwar grundsätzlich durch Rollstühle gewährleistet, stößt aber dort an ihre Grenzen, wo Treppen zu bewältigen sind. Hier kann eine Treppensteighilfe vom Grundsatz her eine geeignete Hilfe sein, die ansonsten eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit eines Rollstuhlfahrers - wenn auch meist nur mit fremder Unterstützung - zu erweitern. Im Rahmen der Hilfsmittelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 33 Absatz 1 SGB V muss dabei aber der Zweck, eine Treppe im Rollstuhl sitzend zu überwinden und so an einen ansonsten nicht oder nur unter besonderen Schwierigkeiten zu erreichenden Ort zu kommen, vom Maßstab der medizinischen Rehabilitation gedeckt sein, weil die gesetzliche Krankenversicherung nur für diesen Bereich der Hilfsmittelversorgung zuständig ist (§ 5 Nr. 1 SGB IX). Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst nach der Rechtsprechung nicht solche Hilfsmittel, die allein wegen der Besonderheiten der individuellen Wohnverhältnisse benötigt werden. Dagegen kann die Möglichkeit, nicht barrierefrei gestaltete Arztpraxen aufsuchen zu können, einen Anspruch auf Versorgung mit einer Treppensteighilfe als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung begründen, wenn die Inanspruchnahme eines Fahrdienstes (§ 60 SGB V) nicht wirtschaftlicher ist. Die Versorgung mit Treppensteighilfen kann darüber hinaus z. B. auch bei Vorliegen einer nur vorübergehenden Behinderung (z. B. nach einer Verletzung), bei der ein Umzug oder eine behindertengerechte Umgestaltung der Wohnung nicht zugemutet werden kann, sowie bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung sein. Die Treppensteighilfe kann auch als Pflegehilfsmittel zur selbstständigeren Lebensführung in Frage kommen, wenn dadurch die Anzahl der Hilfspersonen reduziert werden kann.
- Schlupfsäcke
Schlupfsäcke stellen Rollstuhlzubehör dar und dienen dem Witterungsschutz der Versicherten oder des Versicherten. Schlupfsäcke finden bei Säuglingen und Kleinkindern Anwendung und werden für diese Altersgruppen konfektioniert hergestellt. Bei Kindern bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres handelt es sich daher unzweifelhaft um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, die nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung fallen. Sofern diese Kinder allerdings eine Sitzschale benötigen, können speziell angepasste Schlupfsäcke erforderlich sein, für die ein Zuschuss durch die gesetzliche Krankenkasse gezahlt wird.
Von älteren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen werden Schlupfsäcke nur dann genutzt, wenn sie Rollstuhlnutzerinnen und Rollstuhlnutzer sind. Da sie die Funktion von (Winter-) Kleidung übernehmen, ist die Leistungspflicht der Krankenkassen auf den behinderungsbedingten Mehraufwand beschränkt, der bei der Anschaffung von Schlupfsäcken entstehen kann. Anstelle einer vollen Kostenübernahme ist daher ein Zuschuss der Krankenkassen für den behinderungsbedingten Mehraufwand gerechtfertigt. Der GKV-Spitzenverband gibt Empfehlungen zur Höhe des Zuschusses ab. Diese Regelung überlässt es der Versicherten oder dem Versicherten, die Ausführung und die weitere Beschaffenheit des Schlupfsackes (z. B. Kunstfell oder Echtfell) frei zu wählen. Die Nutzung von Schlupfsäcken ist naturgemäß auf die kälteren Jahreszeiten begrenzt. Eine Mindestgebrauchsdauer von fünf Jahren kann daher durchaus angenommen werden. Wachstumsbedingt kann sich bei Kindern die Notwendigkeit der früheren Folgeversorgung ergeben. Bei der Erforderlichkeit von Schlupfsäcken, die im Zusammenhang mit individuell angepassten Sitzeinheiten wie z. B. Sitzschalen genutzt werden sollen, ist die Zuschusshöhe im individuellen Einzelfall zu prüfen, da diese Schlupfsäcke ebenfalls individuell gefertigt werden und die Kosten des üblich gezahlten Zuschusses zum Teil erheblich überschreiten.
EIGENVERANTWORTUNGSBEREICH DER VERSICHERTEN
Produkte beziehungsweise Leistungen, die in die Eigenverantwortung fallen, sind:
- Sportrollstühle
Sportrollstühle sind von ihrer Zweckbestimmung her speziell für sportliche Aktivitäten konzipiert oder entsprechend zugerüstet. Diese Aktivitäten sind dem Freizeitbereich zuzuordnen und fallen nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Inwieweit eine Kostenübernahme (ganz oder teilweise) im Rahmen des § 43 SGB V möglich ist, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen.
Sporträder für Rollstühle fallen dann in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn sie von Kindern/Jugendlichen für die Teilnahme am Schulsport benötigt werden.
- Behindertentransport
Produkte, die im Zusammenhang mit einem Behindertentransport benötigt werden, fallen grundsätzlich nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Hierzu zählen z. B. Sicherungssysteme für Rollstühle in Fahrzeugen von Behindertenfahrdiensten, Verladehilfen oder Aufprallkissen. Produkte, die einzig mit dem Behindertentransport zusammenhängen, sind von dem Verantwortlichen des Behindertentransports zur Verfügung zu stellen.
Eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für eine Rollstuhlsicherung in Kraftfahrzeugen kommt aber dann in Betracht, wenn der Transport mit einem Kraftfahrzeug zur Ermöglichung des Schulbesuchs von Kindern und Jugendlichen oder zur Ermöglichung einer besonderen, im Nahbereich der Wohnung regelmäßig nicht verfügbaren medizinischen Versorgung erforderlich und der Transport nur im Rollstuhl sitzend möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 20.11.2008, Az: B 3 KR 6/08 R). In diesen Fällen haben die Versicherten Anspruch auf die Versorgung mit dem hierfür erforderlichen Sicherungssystem für den Rollstuhl (z. B. einem Kraftknoten).
- Schutzvorrichtungen und Reinigungsutensilien für Kranken-/Behindertenfahrzeuge
Die Versicherte oder der Versicherte ist für einen pfleglichen Umgang mit dem zur Verfügung gestellten Hilfsmittel selbst verantwortlich. Hierzu gehört auch die sachgerechte, wetterfeste und diebstahlsichere Unterbringung des Hilfsmittels bei Nichtgebrauch. Sofern beispielsweise Rollstuhlabstellplätze, Rollstuhlgaragen oder weitere Schutzvorrichtungen erforderlich/gewünscht werden, sind diese von der Versicherten oder dem Versicherten vorzuhalten.
Spezielle Reinigungsutensilien und -mittel für Kranken- oder Behindertenfahrzeuge fallen ebenfalls in den Verantwortungsbereich der Versicherten oder des Versicherten, da für die Reinigung handelsübliche Mittel verwendet werden können und ausreichend sind.
Änderungsdatum: 13.11.2018
Indikation
Null
Änderungsdatum: 13.11.2018