Info zur Produktgruppe

Definition

Allgemeine Produktbeschreibung
Zwischenmenschliche Kommunikation findet auf unterschiedlichen Ebenen statt und kann mithilfe von Sprache, Gestik, Mimik und bildhaften Zeichen erfolgen. Folgende Fähigkeiten sind daher u. a. von Bedeutung:

- Das Sehen

- Das Hören

- Das Sprechen

- Das Schreiben

- Das Fühlen

Funktionsdefizite in einem oder mehreren dieser Bereiche können durch geeignete Kommunikationshilfsmittel kompensiert werden.

Kommunikationshilfen im Sinne dieser Produktgruppe sind ausschließlich Produkte, die die direkte lautsprachliche und/oder schriftliche Mitteilungsmöglichkeit sowie deren Entwicklung unterstützen bzw. erst ermöglichen.

Kommunikationshilfen sind:

- Einfache Kommunikationshilfen/Symbolsysteme

- Statische Systeme mit Sprachausgabe

- Dynamische Systeme mit Sprach- und Sichtausgabe

- Behinderungsgerechte Hardware zur Eingabeunterstützung

- Behinderungsgerechte Software für Kommunikationssysteme

- Halterungen für Kommunikationshilfen

- Sprachverstärker


Einfache Kommunikationshilfen/Symbolsysteme sind Miniaturen, Bilder oder Symbolkarten. Sie übermitteln bedeutungstragende Begriffe für eine einfache Kommunikation (Hinweise geben, auf Fragen reagieren, etc.).

Statische Systeme mit Sprachausgabe ermöglichen das Erstellen vorgefertigter Meldungen (z. B. einzelner Worte, ganzer Sätze) und können für Versicherte und deren Gesprächspartner im räumlichen Umfeld hörbar gemacht werden.

Dynamische Systeme mit Sprach- und Sichtausgabe verfügen über ein wechselndes Layout der Eingabeebene. Sie bieten zur Auswahl Begriffe in bildlicher Darstellung (Symbole, etc.) an, die einzeln ausgewählt und abhängig von vorhandenen Strategien zu Aussagen zusammengesetzt und auf dem Bildschirm angezeigt werden können. Die mit den Symbolen verknüpften abgespeicherten (digitalisierten) Aussagen können abhängig von der Symbolzusammenstellung über eine Sprachausgabe wiedergegeben werden.

Behinderungsgerechte Hardware zur Eingabeunterstützung sind anpassbare Sensoren, Tasten und Tastaturen oder sonstige behinderungsgerechte Eingabehilfen, wie z. B. Maus, Joystick, Trackball, Kopfsteuerung, Augensteuerung.

Behinderungsgerechte Tastaturen ersetzen Normaltastaturen.

Augensteuerungen ermöglichen die Ansteuerung von Computern und Kommunikationshilfsmitteln allein über die Auswertung der Augenbewegungen. Diese Funktion ersetzt die Bewegung einer Maus mit der Hand, sodass Objekte (Bildelemente) auf dem Bildschirm angesteuert werden können.

Behinderungsgerechte Software für Kommunikationssysteme ist bei bedarfsgerechten Anpassungen von bereits genutzten Kommunikationshilfsmitteln (Änderung der Symbolsysteme, Erweiterung mit einer zweiten Sprache, etc.) oder bei der Umrüstung vorhandener Computer zu Kommunikationshilfsmitteln erforderlich. Sie umfasst für verschiedene Zwecke Programme mit unterschiedlichem Funktionsumfang, z. B. für die Modifikation der Tastatureingabe oder Maussteuerung, zur Eingabeunterstützung bei Verwendung spezieller Bedienelemente, zur Anwendung von Symbolsystemen oder bei der Zusammenstellung von Symboltafeln oder Kommunikationsbüchern.

Halterungen für Kommunikationshilfen müssen allen versorgungsrelevanten Erfordernissen des genutzten Gerätes wie auch dem Umfeld der Versorgungssituation wie Einsatz am Hilfsmittel und/oder dem Einsatzort entsprechen. Dazu ist es notwendig, die Halterung individuell fest oder einstellbar zu gestalten und durch eine patientennahe Nutzungssituation vorab den sicheren Einsatz eines Kommunikationsgerätes zu gewährleisten.

Sprachverstärker werden bei Laryngektomierten, deren Ösophagusstimme zu leise ist, und Versicherten mit einer Stimmschwäche eingesetzt. Sie unterstützen das verständliche Sprechen.


Leistungsrechtliche Hinweise
Die zwischenmenschliche Kommunikation stellt in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen einen wesentlichen Aspekt der Teilhabe in den verschiedenen Lebensbereichen dar. Kommunikationshilfen dienen dem unmittelbaren Behinderungsausgleich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die den Gesichtspunkt der Teilhabe in den Vordergrund stellt (vgl. Urteile des BSG vom 15.03.2018, B3 KR 18/17 R; vom 07.05.2020, B3 KR 7/19 R und zuletzt vom 10.09.2020, B3 KR 15/19 R).

Das Ausmaß des Funktionsdefizits bzw. des Restleistungsvermögens bestimmt wesentlich Art und Umfang der Versorgung mit einer Kommunikationshilfe. Zu beachten sind

- die Teilhabemöglichkeiten,

- der unter medizinischen Gesichtspunkten erzielbare Funktionsausgleich,

- der tatsächlich erzielte Gebrauchsvorteil und die Einsatzmöglichkeiten,

- der Lebensbereich der Versicherten,

- die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie die zur Erfüllung der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens notwendigen Kommunikationsbedürfnisse der Versicherten.

Der zweckmäßige Einsatz von Kommunikationshilfen führt dazu, dass die spontane und direkte zwischenmenschliche Kommunikation, die ggf. im Rahmen des Restleistungsvermögens der Versicherten oder des Versicherten vorhanden ist, gefördert bzw. erst ermöglicht wird. In der Kinderversorgung stellt die Kommunikationshilfe bereits das Mittel zur Anbahnung der Sprache und der Sprechfähigkeiten dar und muss daher den Sprach- und Sprecherwerb ermöglichen und fördern können.

Mobile oder stationäre Endgeräte (Tablet, Computer und Smartphone), auch wenn sie für den Einsatz von behinderungsgerechter Software sowie von behinderungsgerechten Eingabe- und Ausgabeeinheiten verwendet werden, sind Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens und begründen an sich keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Mobile oder stationäre Endgeräte können jedoch als Leistung der GKV in Betracht kommen, wenn sie zusätzlich mit behinderungsgerechten Funktionen als Kommunikationshilfsmittel konfiguriert sind. Hierbei sind die medizinprodukterechtlichen Anforderungen zu beachten.

Es wird auch behinderungsgerechte Software mit vollem Funktionsumfang angeboten, die auf Standardcomputern installiert und angewendet wird. Diese ist auch für Hilfsmittel auf Basis von Tablets bzw. Smartphones verfügbar.

Erweiterungen können zu Lasten der GKV verordnet werden. Die Auswahl der Versorgungsart (geschlossene Anlage oder behinderungsgerechte Computer-Erweiterung) obliegt unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes (§ 12 SGB V) der GKV.

Bei jeder Versorgung ist zu prüfen, welche Versorgungsziele mit dem beantragten Hilfsmittel erreicht werden sollen (ICF-basierte Diagnose und Zielfestlegung). Bei der Auswahl von verschiedenen, aber dem Grunde nach gleich geeigneten Hilfsmitteln kommt es darauf an, ob und welche Gebrauchsvorteile der Versicherte oder die Versicherte mit dem beantragten Hilfsmittel im Einzelfall erzielt.

Allein der Umstand, dass ein Kommunikationshilfsmittel über Funktionen verfügt, die über das Grundbedürfnis der Kommunikation hinausgehenden Interessen dienen können, schließt nicht bereits die Erforderlichkeit des Hilfsmittels zur Befriedigung des Grundbedürfnisses aus (vgl. BSG-Urteil vom 07.05.2020, B 3 KR 7/19 R, RN 34).

Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob für die Bestandteile, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, eine private Aufzahlung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 9 SGB V in Betracht kommt.

Im Allgemeinen benötigt die Versicherte oder der Versicherte - insbesondere bei aufwändigen Systemen - eine ausführliche Einweisung in den Gebrauch des Hilfsmittels bzw. eine anfängliche Betreuung bei der Nutzung des Hilfsmittels. Die Kommunikationshilfe sollte daher zunächst zur Erprobung abgegeben werden, sofern dies in den Verträgen gemäß § 127 SGB V nicht anders geregelt ist, um die Zielerreichung in bestimmten, möglichst vorher festgelegten Zeitparametern zu überprüfen. Die Dauer der Erprobung ist somit im Rahmen der ICF-basierten Diagnose und Zielfestlegung zu bestimmen und im Rahmen der Begleitung in der Kommunikationsentwicklung ggf. anzupassen.

Bei der Software beschränkt sich der Versorgungsanspruch auf die Programme, die dieAnwendung als Kommunikationshilfe ermöglichen.

Die Leistungspflicht der GKV umfasst allein Taschen/Schutzhüllen, die die Nutzung der Kommunikationshilfe zu jedem Zeitpunkt sicherstellen (mobiler Geräteeinsatz ist möglich) und vor witterungsbedingten Einflüssen während der Nutzung schützen."

Zusätzliche leistungsrechtliche Hinweise zur Versorgung von Kindern/Jugendlichen:

Kommunikationshilfen sind (altersunabhängig) zur Befriedigung von allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens verordnungsfähig, z. B. für die Sprachentwicklung oder Sprachförderung oder soweit dies für das Sprachverstehen in Kindergarten oder Schule bis zur Vollendung der allgemeinen Schulpflicht erforderlich ist oder zur Verbesserung des Sprachverstehens in jedem Alter, wenn trotz bestmöglicher Hörgeräteanpassung im gesamten täglichen Leben kein ausreichendes Sprachverstehen erreicht wird.

Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ist allerdings nicht gegeben, wenn derartige Hilfsmittel allein in besonderen Einrichtungen (z. B. Förderschulen) zum Einsatz kommen. Dies gilt auch für den Besuch einer allgemeinbildenden Schule, wenn die Hilfsmittel von einer Vielzahl von Kindern/Jugendlichen mit gleichartiger Behinderung genutzt werden können und somit zur schulischen Ausstattung gehören. In diesen Fällen sind die Hilfsmittel Bestandteil der auf die Behinderung speziell ausgerichteten schulischen Ausbildung und Ausstattungsgegenstand der Einrichtung.

Bei Kindern/Jugendlichen entsteht der Versorgungsanspruch auf ein Kommunikationsgerät mit Sprach- und/oder Schriftausgabe grundsätzlich zu Lasten der GKV bis zum Ende der Schulpflicht bereits bei alleinigem Fehlen der Schreib- oder Lautsprachfähigkeit. Entsprechend ist auch bei fehlender oder unzureichender Schreib- und Lautsprachfähigkeit die Ausstattung mit zwei Kombinationshilfsmitteln möglich, die jeweils über eine Schrift- und Sprachausgabe verfügen.

Die Erweiterung der bereits im häuslichen Bereich eingesetzten Kommunikationshilfen um die ggf. in der Schule eingesetzte spezielle pädagogische Soft- und Hardware fällt nicht in die Leistungspflicht der GKV.


Querverweise:
Spezielle Bedienelemente (wie z. B. Taster, Sensoren, Spracherkennung, etc.) und Führungsschablonen für Tastaturen siehe Produktgruppe 02 "Adaptionshilfen"
Vorlesesysteme siehe Produktgruppe 07 "Blindenhilfsmittel"
Stimmersatzhilfen und elektronische Sprechhilfen siehe Produktgruppe 12 „Hilfsmittel bei Tracheostoma und Laryngektomie“
Hörhilfen siehe Produktgruppe 13 "Hörhilfen"
Sehhilfen und elektronische Bildschirmlesehilfsmittel siehe Produktgruppe 25 "Sehhilfen"


Änderungsdatum: 04.11.2022

Indikation

Zur Indikationsstellung ist gemäß § 6 Abs. 3 der Hilfsmittel-Richtlinie der Bedarf für eine Versorgung mit einem Hilfsmittel unter Gesamtbetrachtung (ICF) der funktionellen/strukturellen Schädigungen, der Beeinträchtigungen der Aktivitäten (Fähigkeitsstörungen), der noch verbliebenen Aktivitäten, einer störungsbildabhängigen Diagnostik, die Fähigkeit zur Nutzung, die Prognose und das Ziel einer Hilfsmittelversorgung auf der Grundlage realistischer, für die Versicherte oder den Versicherten alltagsrelevanter Anforderungen zu ermitteln.

Der Gesetzgeber hat mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) den Behinderungsbegriff in § 2 SGB IX ausdrücklich entsprechend dem Verständnis der UN-Behindertenrechtskonvention neu gefasst und dabei dem Wechselwirkungsansatz erhebliches Gewicht beigemessen. Im Vordergrund stehen vielmehr das Ziel der Teilhabe (Partizipation) an den verschiedenen Lebensbereichen sowie die Stärkung der Möglichkeiten einer individuellen und den persönlichen Wünschen entsprechenden Lebensplanung und -gestaltung unter Berücksichtigung des Sozialraumes und der individuellen Bedarfe zu wohnen (vgl. BSG-Urteil vom 15.03.2018, B 3 KR 18/19 R, RN 45). Entsprechend dem Verständnis der Wechselwirkungen nach der ICF wird der Anspruch somit nicht defizitorientiert bestimmt, sondern anhand der Komponenten von Gesundheit wie Körperfunktionen, Körperstrukturen, Aktivitäten und Partizipation sowie Umweltfaktoren klassifiziert.


- weitere Indikationen siehe Produktartbeschreibung


Änderungsdatum: 04.11.2022

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